Mittwoch, 8. April 2015

Beschenke dich selbst – mein 30. Geburtstag



Neben all den lieben Geburtstagsgrüßen über sämtliche Wege der Kommunikation sowie persönliche Gratulationen und sogar Geschenke gab es an meinem 30. ein ganz persönliches Geschenk, das ich mir unerwartet selbst machte.

 Vorab aber mit einiger Verspätung noch ein großes „Danke schön!“ an alle, die an mich gedacht haben und auch an alle, die spontan auf „ein Bier“ mit mir zusammen gingen.
Diese Art der Danksagung hatte ich so bereits geplant…


Es war Mittwoch, der 30.7.2014, halb zwölf und ich überlegte, was ich denn so an meinem Tag machen könnte. Ich wollte nicht den ganzen Tag damit verbringen, auf mein Handy zu starren, um die nächsten Geburtstagsgrüße sofort in Empfang nehmen zu können. Die Sonne schien als wäre sie heute nur für mich aus Ihrem Bettchen gekrochen, um mir meinen Tag zu verschönern. Also beschloss ich, mich sportlich etwas auf die anstehende Fußballsaison vorzubereiten.

Ich hatte irgendwann einmal gelesen, dass barfuß Joggen eine Wohltat für die Füße und den gesamten Körper sei, da es zum Ursprung des Menschen, sich fortzubewegen, zurück gehe.

Und so hatte ich die geistreiche Idee, die Schuhe auszuziehen und einmal eine neue Jogging-Route auszuprobieren. Ich joggte also barfuß aus Nieukerk Richtung Poelyck heraus. Unter der B9-Brücke hindurch und hinaus ins „freie Feld“. Es war, hingegen des Gelesenen, ziemlich unangenehm auf der mit kleinen Steinchen geschmückten Feldstraße barfuß zu joggen. Aber ich wollte es probieren, also lief ich weiter. Und nach ein paar Metern konnte ich auch schon auf den Rand der Straße, der direkt an ein Maisfeld grenzte, ausweichen. Hier war es dank des Grases weich und angenehmer zu laufen. Allerdings waren zwischendurch immer mal wieder Disteln zwischen den grünen Grashalmen, was dann auch hier also etwas unangenehm ins Gewicht fiel. Ich war noch nicht weit gelaufen, vielleicht 1-2 km, merkte aber schon, dass ich heute nicht allzu weit laufen würde. Am Maisfeld war ich nun vorbei gelaufen und es folgte daraufhin ein bereits gerodetes Getreidefeld. Ich lief einfach weiter und dachte: „Och, hier is‘ et aber auch ganz schön. Idyllisch irgendwie. Typisch Land halt!“. Und das meinte ich keineswegs negativ. Im Gegenteil. Ich merkte in diesem Augenblick, dass auch dies zu mir und meiner Heimat gehört. Jeder, der von hier oder sonstigen ländlichen Gefilden kommt, dürfte das verstehen.

Da ich wegen des zum Laufen eher unkomfortablen Bodens immer wieder nach unten schaute, um nicht in oder auf etwas zu treten (Disteln, Steinchen, Hundepuuu), sah ich kurze Zeit später einen weißen Schmetterling, der flach über das Gras flatterte. Da ich eh keine große Lust mehr zu laufen hatte, blieb ich stehen und verfolgte ihn mit meinen Augen. Er flatterte gefühlt in aller Seelenruhe weiter und überquerte die Straße. Dort setzte er sich auf einen der höheren Grashalme des Randes. Ich beschloss, meine beachtliche Jogging-Leistung hier zu unterbrechen und setzte mich vor das gelbe,  gerodete Feld auf den Grünstreifen zwischen Feld und Straße mit Blick aufs Feld und ruhte mich aus. Die Beine angewinkelt und mit den Händen stütze ich mich hinter meinem Oberkörper ab. Ich atmete tief durch die Nase ein und tief durch den Mund aus. Dabei merkte ich (wie immer, wenn ich so atme), wie ich immer ruhiger wurde. Ich lauschte den Geräuschen der Natur. Ich hörte Grillen zirpen, den Wind gelegentlich in mein linkes Ohr pfeifen und auch die etwas weiter weg auf der B9 vorbei fahrenden Autos nahm ich wahr. Auch, wenn sie nicht gerade zur Natur gehören,  störte es mich in diesem Szenario nicht. Es war, wie es war. Und so war es perfekt.

Die Sonne schien mir ins Gesicht, ab und zu flatterte ein weiterer Schmetterling direkt an mir vorbei. Manchmal war es sogar einer dieser schwarz-orangen. Sie alle flatterten beachtlich langsam, so, als hätten sie heute nichts anderes mehr vor. Ich sank weiter in den Moment. Immer wieder pfiff der Wind leise und die Grillen zirpten. Links von mir war ein noch nicht gerodetes Getreidefeld. Dahinter konnte man zwei, drei Bauernhöfe erkennen. Wenn man knapp über das Feld schaute, verschwamm das Bild etwas durch die Wärme oder sogar Hitze des Tages. Es sah so aus, als bewegten sich die Häuser etwas. Ab und zu schloss ich die Augen, um den Moment noch mehr zu genießen. Als ich dabei einmal an mir herunterschaute, sah ich einen Tausendfüßler, der mein rechtes Schienbein hochkrabbelte. Anders als sonst vielleicht, schnippte ich ihn nicht hektisch weg. Nein, ich beobachtete ihn noch eine Weile, sagte „Na Kleiner!“. Dann riss ich ein Grashalm ab, auf das er Krabbeln konnte. Dann setzte ich ihn wieder in der Natur, im Gras, ab. Ich war völlig entspannt und genoss den Augenblick in jeder Sekunde, die er anhielt.

Dann hörte ich dumpf, wie ein Auto aus dem Dorf näher kam. Es riss mich aus dem Moment. Ich machte mir Gedanken, was die wohl denken, wenn sie jemanden hier so sitzen sehen, der barfuß am Rand sitzt und ins Weite starrt. Das Auto hielt aber auf der Höhe zwischen Mais- und gerodetem Feld an und parkte an der Seite. Etwa drei-, vierhundert Meter von mir entfernt. Ein Mann stieg aus und pisste ins Maisfeld. Irgendwie ging die Idylle verloren.

Dann verschwand er wieder im Auto. Ich beobachtete nur. Danach stieg eine Frau aus. Ich dachte, ich würde jetzt Zeuge vom Sex im Freien. Aber dann ging sie mit einem Hund, den ich jetzt erst sah, den Rand des Maisfeldes hoch. Ich schaute nur hinterher und dachte, wie entspannend das sein muss, mittags um Zwölf mal eine Runde mit dem Hund im Feld zu gehen. Ich schaute noch etwas hinterher und blickte dann wieder in die Weite des Ausblicks. Ich konnte in der Ferne Windräder sehen, die sich drehten. Dann hörte ich ein Flugzeug und blickte gen Himmel. Das Flugzeug sah ich, aber auch drei schwarze Vögel, die sich im Winde gleiten ließen und Ihre Kreise zogen. Ich dachte mir: „Die Menschen versuchen echt alles, um fliegen zu können. Und kommen dem auch schon nahe. Aber niemals wird ein Mensch so frei fliegen können, wie diese Vögel an diesem Tage.“ Meine Gedanken schweiften wieder ab. Ich bemerkte das und versuchte wieder einfach nur den Moment zu genießen. Dies gelang mir auch recht schnell. Ich nahm die bunten Farben der Natur wahr. Das grüne Gras, das gelbe Getreidefeld, den blauen Himmel. Ich war einfach sehr entspannt und zufrieden. Kein Handy, das klingelte. Kein Zwang, die letzten 30 verpassten Minuten im Facebook nachzuschauen. Einfach nur der Moment und ich.

Und trotzdem wurde ich immer wieder aus dem Moment gerissen. Es fuhren Leute mit dem Fahrrad vorbei und schon ging meine Gedankenspirale wieder los. Oder Autos fuhren die Straße entlang und mein Kopf ratterte wieder, was die wohl denken würden, was sie machen könnten, wohin sie führen und so weiter.

Ich kam recht schnell wieder zurück und genoss das „Spektakel“ der Natur. Aber ich bemerkte trotzdem auch, wie sehr ich mich von allem ablenken ließ, anstatt einfach nur auf das Wesentliche zu achten. Es zeigte mir, wie abhängig ich von den Erfindungen der Menschheit bin. Seien es Autos, Handys oder sonstwas und darüberhinaus auch, wie abhängig ich mich noch von den vermeintlichen Gedanken anderer leiten lasse. Das ist sicher etwas, was ich weiterhin abstellen möchte!


Nichtsdestotrotz war diese kurze Zeit meines Geburtstages mein ganz persönliches Highlight
 Ich war selten so entspannt und geruht in mir selbst und genoss den Moment einfach ohne an irgendetwas anderes zu denken. Ich dachte immer, ich müsse mal in Urlaub fahren, um entspannen zu können. Dies zeigte mir, dass wir jederzeit Urlaub haben können, wenn wir nur bereit sind, uns die Zeit dafür zu nehmen. Es braucht keinen Strand im Paradies Holland :) oder eine Wanderung in den Bergen oder eine Kreuzfahrt, um zur Ruhe zu kommen. Die Ruhe ist in uns. Wir müssen nur gewillt sein, sie zu hören und sie sich entfalten zu lassen. Wenn wir mehr auf das achten, was um uns passiert und dies genießen, kommt die Entspannung automatisch.

Es zählt nur der Moment, nur das ewige Jetzt…

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